Bei den unter 60-Jährigen sind vermehrt Männer, ab 75 Jahren jedoch eher Frauen betroffen. Die Lebenszeitprävalenz (Häufigkeit der Personen, die einen Herzinfarkt erleiden) der 40- bis 79-Jährigen beträgt knapp fünf Prozent. In Deutschland erleiden jährlich 200-280 Tausend Menschen einen Herzinfarkt, von denen etwa 50-80 Tausend Betroffene daran versterben - oft bereits bevor sie ein Krankenhaus erreichen oder in den ersten 48 Stunden nach dem Ereignis.
Definition
Das Herz selbst muss mit Blut und den darin enthaltenen Sauer- und Nährstoffen versorgt werden. Dies geschieht durch den Blutfluss in bestimmten Gefäßen, den sogenannte Herzkranzgefäßen (auch: Koronararterien, Koronarien oder Koronargefäße). Wird die Durchblutung der Koronarien signifikant reduziert oder sogar komplett verhindert, entsteht ein Herzinfarkt (medizinisch: Myokardinfarkt). Die Ursache einer Verlegung ist meist ein Blutgerinnsel. Aufgrund der lokal ausbleibenden Blutversorgung stirbt das Herzmuskelgewebe (med.: Myokard) im Versorgungsgebiet der betroffenen Koronararterie irreversibel ab. Deshalb gilt: Ein Herzinfarkt ist ein medizinischer Notfall, der schnellstmöglich behandelt werden muss.
Grund für einen Herzinfarkt ist meist ein Blutgerinnsel. / New Africa
Ursachen und Risikofaktoren
Die häufigste Ursache eines Herzinfarkts geht auf ein Blutgerinnsel zurück, das den Blutfluss durch eine Koronararterie verhindert, sodass das Herzmuskelgewebe nicht mehr adäquat mit Blut bzw. den enthaltenen Sauer- und Nährstoffen versorgt werden kann. Oftmals ist das betroffene Gefäß bereits zuvor durch Ablagerungen (sog. Plaques aus Kalk und Fetten bei Arteriosklerose) verengt. Die Arteriosklerose der Herz-versorgenden Gefäße wird als Koronare Herzerkrankung (KHK) bezeichnet. Wenn es zu Einreißen der Plaques kommt, lagern sich blitzschnell Blutplättchen (Thrombozyten für die Blutgerinnung) an, um das Leck zu verschließen. Dabei wird eine Signalkaskade angekurbelt, weitere Thrombozyten lagern sich an, sodass ein Gerinnsel (der sog. Thrombus) entsteht, sodass das Gefäß verstopft und es zum Herzinfarkt kommt.
Das Myokard, das von der betroffenen Koronarie versorgt wird, erhält folglich kaum bzw. keine Blutversorgung mehr. Durch den Sauerstoffmangel geht das Gewebe innerhalb weniger Stunden irreversibel zugrunde. Sollte ein besonders großes Areal vom Untergang betroffen sein, droht sogar der akute Herztod und der Patient verstirbt.
Neben der sehr häufigen KHK existiert eine Reihe anderer, seltener Ursachen für einen Myokardinfarkt wie Koronarspasmen (Gefäßverkrampfung), Risse der Koronargefäßwand (Dissektion), massiv erhöhter Sauerstoffbedarf des Herzens (bspw. bei anhaltendem starken Herzrasen oder schwerem Bluthochdruck), Verschleppung von andernorts entstandenen Gerinnseln (Thromboembolie), anhaltende langsame Herzrhythmusstörungen oder massiv verringertes Blutvolumen (bspw. bei massiver Blutarmut oder Blutverlust).
Zu den Risikofaktoren für einen Myokardinfarkt zählen vor allem alle Faktoren, die die Plaqueablagerungen begünstigen. Je mehr davor parallel vorliegen, desto höher steigt auch das Risiko.
Als nicht willentlich zu beeinflussende Risikofaktoren gelten das männliche Geschlecht, eine genetische Veranlagung und höheres Lebensalter. Auf der anderen Seite steigern folgende, aktiv veränderbare Umstände das Herzinfarktrisiko:
- fettreiche und energiedichte Ernährung, die zu Übergewicht, Cholesterinerhöhung und damit Arteriosklerose und KHK beitragen
- Übergewicht
- Bewegungsmangel, der auch zu Blutdrucksteigerung und Cholesterinerhöhung beiträgt
- Rauchen begünstigt vor allem zum Riss neigende Plaques, liegt vor allem bei jüngeren Herzinfarktpatient*innen vor
- Alkoholkonsum
- Bluthochdruck schädigt die Gefäßwand direkt, trägt zu Plaquebildung und KHK bei
- Cholesterinwerterhöhung, vor allem hohes LDL und niedriges HDL
- Diabetes mellitus schädigt unter anderem die Gefäße und führt zu Arteriosklerose
- vermehrtes viszerales Fett (Bauchfett innerhalb der Bauchhöhle)
- übermäßiger Stress, Ärger und Wut
Eine Homocystein-Erhöhung (erhöhter Spiegel eines Eiweißbestandteils im Blut) ist bisher als Risikofaktor umstritten.
Neben Stress gibt es viele weitere Ursachen, die einen Herzinfarkt begünstigen. / Marjan Apostolovic
Symptome
Die Symptomatik kann bei Mann und Frau unterschiedlich ausfallen und möglicherweise nicht eindeutig zu identifizieren sein. Bei allen Geschlechtern gilt jedoch, dass bereits bei einem Verdacht auf einen Herzinfarkt der Notruf per 112 abgesendet werden muss - denn je mehr Zeit verstreicht, desto gering fallen die Überlebenschancen aus!
Als sehr typische Symptome zählen plötzlich auftretender, heftiger Schmerz in der linken Brusthälfte oder hinter dem Brustbein. Er ist nicht bewegungsabhängig und kann nicht durch Druck ausgelöst werden. Die Schmerzqualität wird meist als brennend, stechend oder drückend beschrieben und hält in der Regel mehrere Minuten an. Auch eine Ausstrahlung - meist in den linken Arm, jedoch gelegentlich auch in Oberbauch, Rücken, Schulter, Kiefer oder die rechte Körperseite - liegt häufig gleichzeitig vor. Betroffene empfinden außerdem oft ein Engegefühl im Brustkorb, das ihnen die “Luft zum Atmen raubt”.
Neben Atemnot kann es zu Übelkeit, Erbrechen, Kaltschweißigkeit, Blässe oder Schwindel bis hin zur Bewusstlosigkeit kommen. Bei besonderer Schwere des Infarkt kann es auch zu Kreislaufproblemen mit Abfall des Blutdrucks und Pulsanstieg kommen, da das Herz seine Funktion nicht mehr richtig ausführen kann. Häufig geht ein Herzinfarkt also mit starker Unruhe und großer (Todes-)Angst einher.
Bei Frauen kommt es verhältnismäßig seltener zu den klassischen Brustschmerzen und es zeigen sich vermehrt ein Enge- oder Druckgefühl des Brustkorbs, sowie unspezifische Symptome im Oberbauch, Atemnot, Übelkeit und Erbrechen. Leider sind diese Anzeichen öfters nicht sofort auf einen Herzinfarkt zurückzuschließen, was Diagnose und Therapie unglücklicherweise zusätzlich verzögern kann.
Je nachdem welches Herzkranzgefäß betroffen ist, können sich die Lokalisation der Symptome ebenfalls unterscheiden. Bei Verschluss des rechten Hauptasts ist die Herzhinterwand betroffen, was sich vermehrt als Oberbauchbeschwerden äußert. Bei Verschluss des linken Hauptasts, verliert das Myokard der Vorderwand seine Funktion, sodass vermehrt Brustkorbschmerzen auftreten. Als besonders heimtückisch gelten stumme, also symptomfreie Infarkte. Sie häufen sich bei Diabetes-Patient*innen und älteren Menschen.
Bei manchen Herzinfarktpatienten zeigen sich vor dem Ereignis Warnsymptome oder Vorzeichen: bei Arteriosklerose der Herzkranzgefäße, genannt Koronare Herzerkrankung (KHK), ist das Lumen der Gefäße verengt. Dies kann sich beispielsweise bei körperlicher oder seelischer Belastung als Brustschmerz oder Atemnot bemerkbar machen, wobei die Symptomatik mit Ruhe bzw. Beruhigung wieder verschwindet. Aus dieser sogenannten Angina pectoris kann sich bald ein Myokardinfarkt entwickeln, wobei die Wahrscheinlichkeit vor allem dann steigt, wenn die Angina-pectoris-Anfälle häufiger und intensiver werden bzw. bereits bei geringster Belastung entstehen. Auch in solchen Fällen ist es sinnvoll einen Notarzt zu alarmieren.
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Klassifikation und Sonderformen
Herzinfarkt kann anhand verschiedener Faktoren unterteilt werden:
- nach Veränderungen im EKG (mit ST-Strecken-Hebung: STEMI, ohne ST-Strecken-Hebung: NSTEMI)
- nach Ausbreitung in den verschieden Herzwandschichten (transmural, intramural oder subendokardialer Infarkt)
- nach Versorgungsgebiet der betroffenen Koronararterie (Vorderwand-, Hinterwand-, Seitenwandinfarkt)
- nach Entstehung (bspw. Plaque-assoziiert oder Plaque-unabhängig, durch ein Missverhältnis von Sauerstoffbedarf und -angebot, während eines medizinischen Eingriffs, in Zusammenhang mit einem Herztod, durch eine Stent-Thrombose uvm.)
Diagnostik
Da es sich beim Herzinfarkt um einen medizinischen Notfall handelt, muss bereits bei Verdacht eine schnelle und gezielte Diagnostik erfolgen. Nicht immer zeigt ein Herzinfarkt klassische Symptome wie akuten Schmerzen in der linken Brust. Außerdem kann diese Symptomatik auch durch andere Ursachen wie Entzündungen des Herzbeutels, Einriss der Hauptschlagader, Lungenembolie oder durch Reizung von Nerven zwischen den Rippen ausgelöst werden. Zu Beginn werden die untersuchenden Ärzt*innen schnellstmöglich Fragen zur Patientengeschichte und eine körperliche Untersuchung inklusive Abhören des Herzens unternehmen.
Die wichtigste Grundlage zur Diagnostik liefert das EKG, das unmittelbar erfolgen sollte und im weiteren Verlauf der Überwachung dient. Elektroden am Brustkorb leiten die elektrische Erregung des Herzmuskels ab und werden meist auf Papier oder einem kleinen Bildschirm aufgezeichnet. Im Gegensatz zu einem normalen EKG-Befund können sich beim Herzinfarkt typische Veränderungen zeigen, die Rückschlüsse auf Zeitpunkt, Lokalisation und Ausmaß des Infarkts erlauben. Diese Veränderungen müssen allerdings nicht vorliegen, sodass man den Herzinfarkt mit und ohne ST-Strecken-Hebung (STEMI und NSTEMI) voneinander unterscheidet. Bei bogenförmig angehobener ST-Strecke der EKG-Aufzeichnung liegt ein transmuraler Infarkt vor, der die gesamte Herzwand betrifft. Ohne diese ST-Hebung begrenzt sich der Infarkt nur auf die Innenwand des Herzens, sodass bei vorhandener Symptomatik das EKG sogar völlig unauffällig aussehen kann. Insbesondere dann werden Blutparameter zur Diagnostik herangezogen. Andererseits kann das EKG auch bei fehlender Symptomatik einen Myokardinfarkt aufdecken (sog. stummer Infarkt) oder Infarkt-assoziierte Herzrhythmusstörungen als Komplikation detektieren. Ärzt*innen können außerdem anhand des EKG genauer beurteilen, wie lange ein Infarkt bereits zurückliegt, da sich das EKG-Bild im Verlauf der Stadien verändert. Für gewöhnlich wird die EKG-Untersuchung im Abstand von mehreren Stunden wiederholt, da sich manche Auffälligkeiten erst nach einiger Zeit zeigen.
Ein EKG kann Aufschluss über einen Herzinfarkt geben. / Peakstock
Das Blut der Patient*innen wird auf die Menge der sogenannten Herzenzyme untersucht. Bestimmte Enzyme kommen mehr oder weniger spezifisch in Herz- und Muskelzellen vor. Bei einem Infarkt kommt es durch den Zelluntergang zu ihrer vermehrten Freisetzung ins Blut. Erhöhte Konzentration von Troponin T und I, von Myoglobin, der Creatinkinase (Typ MB), AST und LDH 1 und 2 liefern wertvolle Hinweise auf sowohl Vorhandensein, das Ausmaß, aber auch auf den Zeitpunkt eines Myokardinfarkts, da sie zu unterschiedlichen Zeitpunkten nach dem Ereignis ihre Höchstmenge erreichen. Aus diesem Grund werden Blutuntersuchungen in bestimmten Abständen wiederholt.
Neben dem EKG kann auch per Ultraschall des Herzens (sog. Echokardiografie) ein Myokardinfarkt diagnostiziert werden. Mittels eines kleinen Sonografie-Schallkopfs durch den Brustkorb werden Wandbewegungsstörungen erkannt, welche bei der Funktionsstörung durch Herzinfarkt entstehen. Gleichzeitig können dabei weitere Ursachen eines akuten Brustschmerzen beurteilt werden. Auch nach therapeutischer Intervention per Herzkatheter erfolgt eine solche Ultraschallkontrolle.
Die invasive Untersuchung per Herzkatheter kann genau darstellen, welche Koronararterie verschlossen ist und ob weitere Herzkranzgefäße verengt sind. Auch Hinweise zur Funktion von Herzmuskel und -klappen sind möglich. Dabei wird ein sehr feiner Schlauch unter lokaler Betäubung in die Beinarterie und anschließend rückwärts zum Herzen geführt. Über diesen Schlauch kann dann Kontrastmittel in die Koronarien verabreicht und per Röntgenbild deren Innenraum mit eventuellen Verengungen und Verschlüssen detektiert werden. Parallel kann über diesen Schlauch ein verschlossenes Gefäß direkt wieder eröffnet werden, indem von innen ein kleiner Ballon aufgebläht wird (Ballondilatation einer Engstelle oder PTCA). Anschließend wird das dabei entstandene Lumen von einem Stent, d.h. eine Art Metallgerüst, dauerhaft offen gehalten.
In nicht-akuten Situationen können zur Risiko- und Verlaufsbeurteilung ebenfalls ein Belastungs-EKG oder eine Belastungs-Echokardiografie (Ultraschall), ein Kardio-CT oder Kardio-MRT und weitere spezielle bildgebende Verfahren angewandt werden.
Durch ein Röntgenbild können Rückschlüsse auf die Ursache des Herzinfarkts gezogen werden. / Chinnapong
Therapie
Ein Herzinfarkt ist ein medizinischer Notfall, weshalb bereits bei Verdacht umgehend der Notruf per 112 abgesendet und Erste Hilfe geleistet werden muss. In wachem Zustand, sollte die betroffene Person bis zum Eintreffen der Rettungskräfte beruhigt werden. Meist wird eine ruhige, tiefe Atmung erleichtert, indem der Oberkörper erhöht gelagert und enge Kleidung gelockert wird. Die erhöhte Lagerung des Oberkörpers erleichtert die Herzarbeit zusätzlich. Bewusstlosigkeit und das Fehlen von Atmung und Puls deuten hingegen auf einen Herz-Kreislauf-Stillstand hin, sodass die Reanimation (30x drücken und 2x beatmen) sofort beginnen muss.
Das Rettungsteam wird nach seinem Eintreffen direkt alle nötigen Vitalfunktionen überwachen und bei Bedarf stabilisieren. Dazu gehören unter anderem Atmung, Blutdruck, Bewusstsein und Sauerstoffsättigung. Per EKG werden Herzfrequenz und -rhythmus kontrolliert, sowie diagnostisch zwischen einem Herzinfarkt mit oder ohne ST-Strecken-Hebung (STEMI vs. NSTEMI) unterschieden, was für die folgende Therapie relevant ist.
Darüber hinaus wird bei Atemnot oder zu geringer Sauerstoffsättigung per Nasensonde Sauerstoff verabreicht und mindestens ein Venenzugang gelegt, um Medikamente verabreichen zu können. Dabei kommen beispielsweise starke Beruhigungs- und Schmerzmittel (bspw. Morphin und Diazepam) bei Bedarf zum Einsatz. Acetylsalicylsäure (ASS, der Wirkstoff in Aspirin) dient der Gerinnungshemmung, damit sich das verstopfende Gerinnsel nicht vergrößert oder sich neue bilden. Auch weitere gerinnungshemmende Medikamente wie Heparin werden unter Umständen im Verlauf eingesetzt. Per Mundspray verabreichte Nitrate dienen der Erweiterung der Gefäße, senken den Sauerstoffbedarf des Herzens und reduzieren die Schmerzen. Gelegentlich werden auch Beta-Blocker, ACE-Hemmer oder Statine akut oder im Verlauf eingesetzt, um Herzfrequenz und Blutdruck zu senken bzw. erhöhte Blutfette zu reduzieren. Bei Herzstillstand erfolgen sofort die Reanimation per Defibrillator und die Beatmung.
Bei Vorliegen von ST-Strecken-Hebungen im EKG liegt ein STEMI vor. Dieser Infarkt wird in erster Linie schnellstmöglich per PTCA (perkutane transluminale koronare Angioplastie) bzw. PCI (perkutane koronare Intervention) behandelt. Dabei wird die verengte Koronararterie über einen dünnen Katheter mittels eines Ballons von innen aufgeweitet und anschließend durch einen Metall-Stent dauerhaft gestützt.
Sollte diese Methode innerhalb von 120 Minuten nach Diagnosestellung nicht zur Verfügung stehen, wird innerhalb von 30 Minuten eine medikamentöse Lyse-Therapie über die Vene zur Auflösung des Gerinnsels verabreicht. Dies kann maximal in den ersten 12 Stunden erfolgen. Je früher die Anwendung, desto höher ist die Chance, dass sich das Gerinnsel wieder auflöst. Aber auch nach einer Lyse sollte schnellstmöglich die Verlegung in eine Klinik zur PTCA/PCI erfolgen. Aufgrund des Wirkungsmechanismus drohen allerdings Blutungen in anderen Organen wie dem Gehirn oder bei Magengeschwüren, weshalb einige Kontraindikationen beachtet werden müssen.
Seltener wird eine Bypass-Operation am Herzen durchgeführt. Beispielsweise bei komplizierter Anatomie oder großem Infarktbereich mit mehreren betroffenen Hauptästen der Herzkranzgefäße kann ein Team aus Herzchirurgen ein anderes Gefäß (der Brustwand oder eine oberflächliche Beinvene) entnehmen und als Überbrückung der verstopften Koronararterie am Herzen verwenden.
Ohne ST-Strecken-Hebungen, also beim NSTEMI, wird innerhalb von 2 bis 72 Stunden eine Koronarangiographie (Herzkatheteruntersuchung) zur Darstellung der Koronargefäße durchgeführt, um mögliche Engstellen zu detektieren.
Je nach Befund kann neben einer medikamentösen Therapie auch beim NSTEMI eine PTCA/PCI mit Ballondilatation und Stent oder eine Bypass-Operation im Anschluss indiziert sein. Während eine Lyse nicht angewendet wird, ist die Gerinnungshemmung mit ASS von zentraler Bedeutung.
Nach einem Herzinfarkt müssen bestimmte Medikamente langfristig eingenommen werden, um das Risiko eines Re-Infarkts und einer Gerinnselbildung im Stent zu reduzieren. Der Sauerstoffbedarf soll verringert und das Sauerstoffangebot erhöht, sowie das Fortschreiten der KHK verhindert werden. Zu diesen Medikamenten zählen beispielsweise verschiedene Gerinnungshemmer, Beta-Blocker, ACE-Hemmer und Statine. ASS ist in der Regel sogar lebenslang indiziert.
In der Regel ist die Einnahme von Medikamente unumgänglich. / Vitali Michkou
Komplikationen
Grundsätzlich werden Früh- von Spätkomplikationen unterschieden. Mögliche Frühkomplikationen, die meist in der ersten Woche nach dem Infarkt auftreten, sind Herzrhythmusstörungen (wie unrhythmischer und zu schneller oder zu langsamer Herzschlag, Vorhofflimmern oder sogar das lebensbedrohliche Kammerflimmern), Herzinsuffizienz (vor allem der linken Hälfte), frühe Herzbeutelentzündung, Einriss der Herz(scheide)wand, kardiogener Schock durch Pumpversagen oder sogar der plötzliche Herztod. Hinsichtlich der gefährlichen Frühkomplikationen gelten die ersten 48 Stunden als besonders kritisch.
Mittel- oder langfristig können späte eine Herzbeutelentzündungen, Herzinsuffizienz, kombinierte Entzündungen von Herzbeutel und Herzmuskel, Herzklappeninsuffizienz und Aussackungen der vernarbten Herzwand entstehen. In diesen sogenannten Aneurysmen können sich Blutgerinnsel bilden, im schlimmsten Fall sogar verschleppt werden und dabei unter anderem Schlaganfälle auslösen. Außerdem begünstigen sie Herzrhythmusstörungen und können akut einreißen.
Verlauf, Prognose und Folgen
Je früher Diagnostik und Behandlung erfolgen, desto besser fällt die Prognose aus. Dabei spielen aber auch akut auftretende Komplikationen wie Herzrhythmusstörungen oder ein Pumpversagen des Herzens eine große Rolle, da sie im schlimmsten Fall zum Tod der Patient*innen führen können. Langfristig sind beispielsweise das Fortschreiten der Arteriosklerose, die Entwicklung einer Herzschwäche, die Reduktion von Risikofaktoren und die Anpassung des Lebensstils entscheidend. Etwa 5-10 Prozent der Betroffenen erleiden innerhalb von zwei Jahren nach dem initialen Ereignis einen plötzlichen Herztod, wobei Menschen über 75 Jahre besonders häufig betroffen sind. Deshalb spielt auch die Nachbehandlung eine zentrale Rolle.
Möglichst frühzeitig sollte eine moderate Rehabilitation mit Physiotherapie, Atemtraining und leichter körperlicher Aktivität beginnen. Dabei lernen Betroffene auch mit ihrer neuen Lebenssituation im Alltag umzugehen, um die Gefahr weiterer Infarkte zu reduzieren. Innerhalb weniger Wochen kann das körperliche Training des Herz-Kreislaufsystems sukzessive in fachmännischer Absprache und Kontrolle gesteigert werden. Insbesondere leichte und moderate Sportarten wie Gymnastik, Walking, langsames Laufen, Wandern, Radfahren und Schwimmen sind geeignet, um den Körper langsam wieder an Belastung heranzuführen. Besonders sinnvoll ist die Teilnahme am sogenannten Koronar-Sport, also in einer speziellen Herzsport-Gruppe. Hier können Gleichgesinnte wieder gemeinsam Freude an Bewegung finden und ihr Fitness- und Kraftniveau steigern. Zur Sicherheit ist dabei medizinisches Personal anwesend.
Neben der Rehabilitation wirken sich auch die regelmäßige Kontrolle und Therapie von Risikofaktoren auf die Prognose aus. Dazu ist eine Anpassung des Lebensstils mit gesunder Ernährung (vgl. insbesondere mediterrane Kost), Bewegung, Normalgewicht, Stressabbau und Nichtrauchen unerlässlich. Oftmals ist gleichzeitig die Einnahme bestimmter Medikamente wie zur Senkung von Blutdruck und Blutfetten, zur Vermeidung der Gerinnselbildung oder zur Diabetes-Therapie indiziert.
Leider können nach einem Herzinfarkt kurz- oder langfristig weitere Erkrankungen entstehen. Dazu gehören unter anderem Angst und Depression, Herzschwäche oder akute und chronische Herzrhythmusstörungen wie Vorhof- oder als Notfall sogar Kammerflimmern. Innerhalb der betroffenen, also vernarbten Herzwand können sich Aussackungen bilden, in denen Blutgerinnsel entstehen und sogar verschleppt werden können. In Konsequenz kann es dann beispielsweise zu einem Schlaganfall kommen.
Exkurs: Herzinfarkt und Sport
Nicht nur in der Prävention von Herzinfarkt, Schlaganfall und anderen Herz-Kreislauf-Erkrankungen spielt Sport eine zentrale Rolle. Auch nach einem Herzinfarkt ist regelmäßige körperliche Betätigung ein wichtiger Bestandteil der Therapie. Durch den Untergang von Herzmuskelgewebe wird die Pumpfunktion eingeschränkt und das restliche Myokard muss diese Reduktion kompensieren. Um auch im Alltag wieder belastungs- und leistungsfähig zu werden, ist ein langsames, kontrolliertes und kontinuierliches Training notwendig. Das Herz verbessert dabei aber nicht nur seine Pumpfunktion, sondern auch die Sauerstoffversorgung des gesamten Körpers wird verbessert. Zusätzlich können Risikofaktoren für Herzinfarkt und weitere Erkrankungen reduziert werden: Blutdrucksenkung, Regulierung von Blutfetten und Blutzucker, Gewichtsmanagement mit Fettabbau und Stressreduktion wirken sich auf vielseitige Weise positiv auf die Gesundheitheit aus. Somit kann durch Sport die Überlebenswahrscheinlichkeit langfristig angehoben werden.
Allerdings ist es in diesem Kontext sehr wichtig, alle Schritte mit den zuständigen Ärzten*innen zu besprechen, um das geschädigte Herz nicht zu überfordern und dabei sogar negativ einzuwirken. Bereits wenige Tage nach einem Infarkt ohne Komplikationen sollte die sogenannte Frühmobilisation im Krankenhaus beginnen, um die Prognose der Patient*innen zu verbessern. Unter ärztlicher und therapeutischer Kontrolle werden mindestens zweimal pro Woche leichte Übungen durchgeführt. Die Dauer und Intensität der Belastung können sukzessive unter gebotener Vorsicht ausgebaut werden.
Das Ziel ist dabei, dass letztendlich etwa vier bis fünf Trainingseinheiten pro Woche à 30 bis 60 Minuten mit moderater Ausdauerbelastung erfolgen. Neben leichtem Krafttraining und Mobilisationstraining zur Steigerung der Beweglichkeit sollte der Fokus aus Ausdauertraining zur Verbesserung der Herz- und Lungenfunktion liegen. Hierbei eignen sich insbesondere Sportarten wie (Nordic-)Walking und langsames Joggen (wie nach Fitnesszustand), Radfahren, Schwimmen, Aerobic oder Rudern. Aber auch schnelles Gehen, Treppensteigen im Alltag und Wandern wirken sich positiv aus. Vorab ist eine ärztliche Beratung mit Belastungs-EKG sinnvoll, um die individuelle Leistungsfähigkeit und den aktuellen Fitnesszustand korrekt einzuschätzen. Falls eine Teilnahme an Wettkämpfen gewünscht wird, sollte zuvor eine umfangreiche kardiologische Untersuchung erfolgen.
In sogenannten Koronar- oder Herzsportgruppen werden passende Übungen für Teilnehmer*innen mit unterschiedlicher körperlicher Leistungsfähigkeit durchgeführt. Dabei ist immer ärztliche Unterstützung anwesend. Neben Ballspielarten kommt häufig ein Zirkeltraining zum Einsatz. Dabei wird zwischen verschiedenen Stationen durchgewechselt, um mit diversen Übungen alle Körperpartien mit Kraft, Ausdauer, Koordination und Beweglichkeit nacheinander zu schulen.
Auch die Ausdauer sollte langsam wieder aufgebaut werden. / Rido
Prävention
Die Prävention eines Herzinfarkts beruht maßgeblich auf der Vermeidung von Arteriosklerose. Dazu müssen alle willentlich zu beeinflussenden Risikofaktoren weitmöglichst reduziert werden.
Um einer Gefäßverkalkung vorzubeugen, sollte auf das Rauchen von Zigaretten und Co. verzichtet werden. Aber auch eine Raucherentwöhnung kann selbst nach jahrelangem Konsum das Risiko nach gewisser Zeit wieder reduzieren. Dies dient der Prävention sowohl von Herzinfarkt als auch Schlaganfall.
Auch das Gewicht sollte sich im Normalbereich befinden, um diverse Herz-Kreislauf-Erkrankungen und -Ereignisse wie Infarkte zu vermeiden.
Hinsichtlich der Ernährung sollte auf frische, ausgewogene und abwechslungsreiche Kost mit viel Gemüse, Obst, Ballaststoffen, sowie pflanzlichem anstatt tierischem Fett geachtet werden. Das Leitbild der mediterranen Kost eignet sich hierbei als ideal, um den Cholesterinspiegel und die Gefäßgesundheit positiv zu beeinflussen.
Darüber hinaus ist eine regelmäßige körperliche Aktivität von großer Bedeutung, um das Risiko zu reduzieren. Optimalerweise fällt sie so intensiv aus, dass man ins Schwitzen kommt. Aber auch ein ausgiebiger Spaziergang oder ein Sonntagsausflug auf dem Fahrrad, sowie alltägliche Bewegung zu Fuß und Treppensteigen sind besser als nichts.
Da die mentale Komponente ebenfalls großen Einfluss auf die Entstehung von Herzinfarkt hat, ist es ratsam, jeglichen privaten und beruflichen Stress bestmöglich zu reduzieren und zu vermeiden.
Falls sich bereits Risiko-assoziierte Vorerkrankungen wie Bluthochdruck, Diabetes oder Fettstoffwechselstörungen manifestiert haben, sollten diese regelmäßig kontrolliert und gegebenenfalls ärztlich therapiert, sowie der Lebensstil entsprechend optimiert werden, um das Fortschreiten zu verhindern.