SARS-CoV-2 : Updates zu Impfstoffen, Antikörper und Immunität

Das neuartige Coronavirus hält uns auch weiterhin auf Trapp: Viele Urlauber bekommen deutliche Einschränkungen bei Reisen zu spüren, die Zahl der Neuinfektionen steigt wieder und langsam aber sicher nähern sich der Herbst und Winter, sodass die Angst vor einer zweiten Welle oder gar einem erneuten Lockdown zunimmt. Die Neuigkeiten zum Thema SARS-CoV-2 ebben ebenso wenig ab, daher möchten wir im Folgenden ein Update zu Antikörper und Tests, Immunität sowie Impfung geben.

Trotz größter Bemühungen in der Forschung bleibt weiterhin offen, wie lange eine nach Infektion erworbene Immunität anhält. Auch schwächer verlaufende Reinfektionen werden zunehmend thematisiert. Zuletzt erschienen weitere Hinweise auf ein Absinken der Antikörper im Blut von Genesenen. In einem Münchner Krankenhaus wurde bei 4 von 9 ehemaligen Corona-Patienten festgestellt, dass die Menge an Antikörpern ein halbes Jahr nach der Infektion zurückgegangen war. Ob dies Auswirkungen auf die Frage der Langzeit-Immunität und ein mögliches Impfschema habe, könne man zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht bewerten, jedoch scheinen Reinfektionen nicht ausgeschlossen zu sein. 

Bei Untersuchungen des Blutes von über 300 Genesenen aus dem chinesischen Wuhan waren ein halbes Jahr später noch bei etwa 80 % Antikörper vorhanden und bei 75 % waren diese Antikörper noch immer in der Lage, das gefährliche Virus zu neutralisieren. Ergebnisse aus London detektierten drei Monate nach leichten Verläufen nur noch bei knapp 17 % aller getesteten Genesenen eine hohe Konzentration von Antikörpern, während einige Infizierte gar keine Antikörper gebildet hatten. In Studien aus China ging die Menge an Antikörpern vor allem dann zurück, wenn Infektionen asymptomatisch verlaufen waren, wobei auch bei einem symptomatischen Verlauf ein Abfall erkennbar war. Berichte aus Hongkong, Belgien und den Niederlanden deuten außerdem auf Reinfektionen mit neuen Varianten von SARS-CoV-2 hin, sodass die Forschungsgruppen dort ebenfalls vermuten, dass eine Immunität eventuell nur kurz bestehen könnte. Allerdings scheinen diese Reinfektionen eher selten vorzukommen und gegebenenfalls schwächere und kürzere Erkrankungsverläufe zu zeigen. Dennoch ist der Schutz durch Antikörper möglicherweise also weniger stabil und kürzer vorhanden als gehofft. 

covid19-antibody-test-woman-using-pipette-to-take--PZQ9W3Y-minCorona-Antikörpertest können auch zuhause vorgenommen werden.

Insbesondere bei Infektionen, die sehr mild oder gar asymptomatisch verlaufen waren, sei es möglich, dass gar keine Antikörper gebildet werden. Neben der für ausreichenden Schutz nötigen Menge bleibt zusätzlich unklar, wie hoch die Neutralisationsaktivität der Antikörper ausfallen müsste. Welche Parameter und Messungen dazu geeignet sind, um abzuschätzen, ob eine Reinfektion mit SARS-CoV-2 überhaupt möglich ist oder sich dabei eventuell ein milderer Verlauf zeigen könnte, muss weiter erforscht werden. Aktuell lässt sich demnach sagen, dass vorhandene Antikörper leider nicht immer sicher zu Immunität führen und dass nicht alle Infizierten Antikörper bilden, sodass die Klärung der Immunität weiterhin aussteht.

Für die Langzeit-Immunität spielt allerdings neben der B-Zell-Immunität und Antikörpern auch die T-Zell-Immunität eine große Rolle. Selbst wenn keine oder kaum Antikörper mehr vorhanden sind, dienen die sogenannten T-Gedächtniszellen über viele Jahre hinweg der Immunität. Denn im Gegensatz zu den Antikörpern im Blut nimmt ihre Anzahl kaum ab. Wenn diese bereits Kontakt zu SARS-CoV-2 gehabt haben, können sie sich bei erneutem Kontakt durch Zellteilung sehr schnell vermehren und bereits infizierte Körperzellen gezielt abtöten. Parallel liegen dem immunologische Gedächtnis bereits Vorstufen zur erneuten Antikörperproduktion vor, was die Immunabwehr beschleunigen und schwere Krankheitsverläufe verhindern könnte. Im Zusammenhang mit der T-Zell-vermittelten Immunität besteht nun auch große Hoffnung, dass neben der durchgemachten Infektion auch Impfungen T-Gedächtniszellen hervorrufen und für bleibende Immunität sorgen können.

Impfstoff

Nachdem Ende Mai die Firma BioNTech und auch das Unternehmen CureVac Mitte Juni erste klinische Studien mit ihren Impfstoff-Kandidaten an komplett gesunden Probanden begannen, scheinen die Fortschritte bisher sehr positiv zu verlaufen. CureVac war bisher auch beim Menschen sehr gut verträglich und konnte im Tiermodell eine starke Immunantwort auslösen, die über Monate vorhanden zu sein scheint. Insgesamt rufe der Impfstoff auch eine sehr spezifische Immunantwort hervor und man habe bereits eine grobe Einschätzung über die notwendige Dosis ausmachen können. Wenn alle Ergebnisse der ersten Phase positiv ausfallen, kann etwa Ende des Sommers damit gerechnet werden in Phase zwei einzutreten. Dann würde der Impfstoff mehreren Tausend Probanden, darunter auch Risikogruppen, verabreicht werden, um neue Erkenntnisse über unter anderem die Dosierung und Zuverlässigkeit des Schutzes zu erlangen.

Die beschleunigte Prüfung und Zulassung von Impfstoffen in Deutschland geht übrigens nicht zu Lasten der Sicherheit, sondern beruht auf einer deutlich schnelleren Bearbeitung und Begutachtung durch die zuständigen Institute. Es muss in jedem Fall nachgewiesen werden, dass der Nutzen eines Impfstoff-Anwärters seine möglichen Risiken deutlich übersteigt, wofür kein Weg an langfristig angelegten, großen Studien vorbeiführt.

Weltweit sollen sich momentan etwa 150 bis 170 Impfstoffe beziehungsweise Forschungsbestrebungen in der Entwicklung befinden, die auf unterschiedlichen Ansätzen beruhen. Etwa 15 Präparate sind aktuell in der klinischen Prüfung, Ende Juni befanden sich darunter bereits 6 Präparate in der 3. Phase. Die deutschen Kandidaten sind dabei Gen-basierte, sogenannte mRNA-Impfstoffe, die sehr schnell und modular produziert werden könnten, sowie Immunität über Antikörper und T-Zellen hervorrufen sollen. Es sei sehr wichtig, dass verschiedene Methoden zur Impfstoff-Herstellung angewendet werden, so Prof. Dr. Klaus Cichutek Präsident, Chef des Paul-Ehrlich-Instituts. Unter Umständen kann es nötig sein, verschiedene Bevölkerungsgruppen mit unterschiedlichen Impfstoffen zu versorgen. Immer mehr Experten gehen davon aus, dass ähnlich wie bei der Grippeimpfung mehrere Stämme notwendig sein werden und eine häufigere Impfung beziehungsweise Auffrischung nötig werden könnte. Vorsichtige Schätzungen sprechen weiterhin von einer denkbaren Impfstoffzulassung ab frühestens Anfang 2021. Dann sollen primär medizinisches Personal und Angehörige von Risikogruppen mit einem Impfstoff versorgt werden.

Vor Kurzem hat Russland einen sehr umstrittenen Vorstoß gewagt, indem sie ihrem Impfstoff-Kandidaten Sputnik V als wirksam und gut verträglich deklarierten und zuließen. Der Impfstoff war zuvor nur an 38 Probanden, statt wie üblich mehreren Tausend getestet worden. Ab Ende August soll das Präparat verfügbar sein und insbesondere Ärzte und Lehrer damit geimpft werden. Wichtige Forschungsergebnisse wurden bis heute teilweise nicht veröffentlicht, dennoch soll der Impfstoff Anfang 2021 in großen Mengen verfügbar sein.

developing-vaccine-KUFF3MC-minDie Impfstoffforschung für Covid-19 läuft auf Hochtouren.

Neben der Entwicklung eines Impfstoffs hoffen Ärzte weiterhin auf die Wirksamkeit von Blutplasma-Spenden: Genesene, die über ausreichend Antikörper verfügen, können einen bestimmten Teil ihres Bluts inklusive neutralisierender Antikörper spenden. Dieses sogenannte Blutplasma kann dann schwer erkrankten Patienten als Überbrückung bis zur eigenen Antikörperbildung verabreicht werden. Dabei ist die Anzahl an Erkrankten jedoch weiterhin noch deutlich höher als die Menge des vorhandenen Plasmas, sodass genau abgewogen werden muss, wer die Spende letztendlich erhält.

Antikörpertests und Durchseuchung

Während viele Forschungsgruppen und Unternehmen weltweit intensiv mögliche Impfstoff-Kandidaten erforschen und testen, hoffen insbesondere auch Hersteller von Corona-Antikörpertests auf schnelle Zulassungen. Um die Wirksamkeit der Impfungen sowohl während klinischer Testphasen, als auch nach der Zulassung bewerten zu können, wären langfristig zahlreiche Antikörpertests nötig. 

Bezüglich der Antikörpertests herrscht immer noch eine Ungewissheit bezüglich der Immunität beim Nachweis neutralisierender Antikörper und die Mehrheit der Tests fällt aktuell negativ aus, da die Infektionszahlen in Deutschland bisher verhältnismäßig gering ausgefallen sind. Viele Hersteller arbeiten gerade kontinuierlich an Nachbesserungen ihrer Angebote, um sie unter anderem schneller und sensitiver zu machen. Denn Fakt ist, viele hatten in den zurückliegenden Wochen und Monaten Symptome einer Erkältung oder Grippe und sind interessiert daran, ob sie nicht vielleicht doch schon eine Covid-19-Erkrankung durchgemacht haben. Und da sind Antikörpertests bis dato die einzige Möglichkeit, um nachträglich eine Infektion nachweisen zu können. 

Allen gemeldeten Ergebnissen von Antikörper-Tests folgend, nimmt man aktuell eine Nachweisbarkeit von Antikörpern bei etwa 0,3 % der Bevölkerung an. Um diese Zahl jedoch genauer abschätzen zu können, sind weitere epidemiologische Studien mit Antikörpertests notwendig. Eine mögliche Durchführung könnte beispielsweise im Rahmen der Untersuchungen von gespendetem Blut stattfinden, wobei Rückschlüsse vermutlich auf keiner repräsentative Stichprobe basieren würden. Im ehemaligen Hotspot Ischgl wurden bei 42 % der 1.500 getesteten Menschen, was circa 80 % aller Einwohner ausmacht, Antikörper und damit die zurückliegende Infektion nachgewiesen. In Heinsberg lag der Anteil bei etwa 15 %. Eine andere Studie des Robert-Koch-Instituts kam zum positiven Antikörper-Ergebnis bei 1,3 % der Probanden. Eine andere Studie in Italien testete 65.000 Personen und kam zum Durchseuchungsgrad von circa 2,5 %. Etwa 7,7 % der Bewohner in einem weiteren Hotspot, Kupferzell, verfügten über Antikörper gegen das neuartige Coronavirus, wobei bei fast einem Drittel der Genesenen bereits keine Antikörper mehr nachweisbar waren. Zukünftig sollen bundesweit an etwa 8-10 weiteren Standorten insgesamt 65.000 repräsentative Probanden im Abstand von mehreren Monaten wiederholt getestet werden, um herauszufinden wie sich die Menge an Antikörpern im Laufe der Zeit entwickelt.

Letztendlich werden die Antikörpertests vor allem im Zusammenhang mit Studien bezüglich Impfstoffen wohl noch von erheblicher Bedeutung sein:

  1. Sie sollen Impfversager, also Personen, die keine Antikörper bilden, detektieren.
  2. Sie sollen schon vor Studienbeginn unterscheiden, wer bereits über neutralisierende Antikörper verfügt und wer noch negativ ist.
  3. Sie sollen regelmäßig zur Überprüfung des Antikörper-Status dienen, um daraus ein mögliches Impfschema zu erarbeiten und zur Klärung der noch offene Frage der Immunität beitragen.

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