Inhaltsverzeichnis
- Kann Stress als Auslöser für eine Vielzahl psychischer Erkrankungen gesehen werden?
- Die durch psychische Krankheiten ausgelösten Krankheitstage haben in den letzten Jahren stark zugenommen. Wie erklären Sie sich das?
- Was sind Ihrer Erfahrung nach neben dem von Ihnen bereits genannten Leistungsdruck die häufigsten Stressoren am Arbeitsplatz?
- Auf welche Warnzeichen bei möglichen Überlastungen sollten sie bei ihren Mitarbeitern achten?
- Die Psychische Gefährdungsbeurteilung wird häufig als zentrales Instrument bei der Erfassung des Stressniveaus genannt - Wo sehen Sie hier die Grenzen?
- Wie sieht es mit der Bedeutung von Stressprävention im beruflichen Kontext aus? Sollte Stressprävention Ihrer Meinung nach immer ein fester Teil des Betrieblichen Gesundheitsmanagements sein?
- Was sind hier die wichtigsten Instrumente des Arbeitgebers, wenn es um Stressabbau geht und wer sollte hier verantwortlich sein?
- Und was kann der einzelne Mitarbeiter tun?
- Kann Stressresilienz trainiert werden?
- Auch wir versuchen Stress messbar zu machen und bieten eine Herzratenvariabilitätsmessung (HRV) an, die Schwankungen der Herzfrequenz misst, um Rückschlüsse auf den Funktionszustand des vegetativen Nervensystems treffen zu können. Wie stehen Sie zu solchen Messungen?
- Durch vermehrtes Home-Office hat Corona auch die Auswirkung, dass Arbeit und Freizeit immer schwerer zu trennen ist. Haben Sie ein paar Tipps, wie man dem entgegenwirken kann?
1. Frau Dr. Bernatzeder, vielen Dank, dass Sie sich Zeit für das Interview nehmen. Kommen wir gleich zur ersten Frage: Kann Stress als Auslöser für eine Vielzahl psychischer Erkrankungen gesehen werden?
Ja, das ist so. Früher haben sich die Experten die Köpfe heiß geredet, ob dem tatsächlich so ist. Aber mittlerweile hat dies auch die Weltgesundheitsorganisation bestätigt. Stress kann Auslöser für viele physische und psychische Erkrankungen sein.Zuallererst gibt es eine natürliche genetische Disposition, die dazu beiträgt, ob man eher der Typ ist, der zu Herz-Kreislauf-Problemen oder beispielsweise zu Migräne neigt. Aber, wenn zu viel zusammenkommt, wenn das Gefühl der Hilflosigkeit entsteht, dann kann eine Überlastung sich in Burnout, Depression, Essstörungen, Zwangsstörungen, Angststörungen, Verfolgungswahn oder beispielsweise in Sucht manifestieren. Und je stärker der Stress, desto intensiver sind auch die vermeintlich in Balance gehaltenen, psychischen Risiken. Wenn beispielsweise jemand schon einmal mit einer Depression in Behandlung gewesen ist und diese Person wieder in eine sehr starke Stresssituation kommt, dann kann diese Depression, die durch viele Rituale gut neutralisiert war, plötzlich wieder schlimmer werden. Das sind dann eben auch Folgen von zu viel Stress im System.
2. Die durch psychische Krankheiten ausgelösten Krankheitstage haben in den letzten Jahren stark zugenommen. Wie erklären Sie sich das?
So genau kann man diese Frage tatsächlich mit Statistiken nicht beantworten. Zu mir kommen sehr viel mehr Menschen, die stark überlastet sind, darunter auch viele junge, die in der Fülle der Möglichkeiten die Orientierung verlieren. Sie haben nicht gelernt mit sich selbst umzugehen und wissen bei diesem wahnsinnigen Leistungsdruck nicht, was sie tun sollen. Das ist etwas, das vor zwanzig Jahren ein bisschen anders war. Gleichzeitig ist es heute so, dass jemand, der sich schlecht fühlt und zum Hausarzt geht, mittlerweile häufiger eine psychische Symptomatik bei der Krankschreibung attestiert bekommt. Früher hat man das nicht gemacht, selbst wenn der Hausarzt verstanden hat, dass es sich um eine psychische Überlastung handelte. Aber auch heute hat man noch, wenn man beispielsweise die Krankenkasse wechselt und bereits eine psychische Diagnose vorliegt, mit anderen Risikoaufschlägen zu rechnen. Wenn man verbeamtet werden möchte, sollte man auch noch nicht mit einer psychischen Erkrankung in Therapie gewesen sein. Es gibt daher immer noch gute Gründe, weshalb Hausärzte bei gleicher Beschreibung der Symptome mit Diagnosen anders umgehen.
3. Was sind Ihrer Erfahrung nach neben dem von Ihnen bereits genannten Leistungsdruck die häufigsten Stressoren am Arbeitsplatz?
In dieser Zeit, in der alles immer möglichst effizient sein soll, ist das am Arbeitsplatz häufig der hohe Workload. Dazu kommt etwas und das ist eines der Hauptprobleme, die in den Rahmenbedingungen vieler Funktionen liegen, und zwar Unterbrechungen bei der Tätigkeit. Unterbrochen zu werden, bedeutet häufig auch, dass man nicht gleich wieder da anfangen kann, wo man aufgehört hat, sondern man muss wieder ein Stück früher ansetzen. Wenn man zehnmal unterbrochen wird, dann dauert es entsprechend länger, die Fehlerhäufigkeit steigt, es gibt eine Frustrationsschleife.
Der Umgang mit Unterbrechungen am Arbeitsplatz ist daher auch eines der häufigsten Themen bei der Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastungen. Aber man kann hier auf vielen Ebenen einwirken, die einfach sind, aber eine große Wirkung haben können. Als Beispiel: Man kann darüber nachdenken, wie man beispielsweise Kollegen dazu bringt, zu respektieren, dass man jetzt eine Stunde nicht gestört werden darf. Führungskräfte müssen dann akzeptieren, dass der Mitarbeiter eine Stunde Projektarbeit in seinem Kalender stehen hat. Und es ist natürlich auch wichtig, dass man sich selbst an die Nase fasst und sagt, okay, jetzt mache ich einmal eine Stunde alle meine Kommunikationskanäle aus, damit ich auch wirklich am Stück arbeiten kann.
4. Sie haben die Rolle der Führungskraft bereits angesprochen, auf welche Warnzeichen bei möglichen Überlastungen sollten sie bei ihren Mitarbeitern achten?
Der Arbeitgeber, insbesondere die Führungskraft, ist durch die Fürsorgepflicht dazu aufgefordert, zu beachten, ob sich Kollegen verändern. Wenn jemand beispielsweise immer freundlich, aktiv und zuvorkommend seinen Job macht und plötzlich zwei, drei Wochen lang müde und gereizt ist und sich zurückzieht, es also erste Signale der Veränderung in der Kommunikation und der Kooperation gibt, dann ist die Führungskraft aufgefordert, diese Veränderung anzusprechen. Was genau kann die Führungskraft dann tun? Es geht nicht darum zu diagnostizieren, therapeutische Maßnahmen zu ergreifen, oder herausfinden, was eigentlich los ist. Es geht darum zu vermitteln: „Ich sehe dich, ich helfe dir und ich biete dir Unterstützung an.” Falls vorhanden, zusätzlich noch der Hinweis, dass es im Unternehmen eine Sofortberatung gibt, an die man sich bei emotionalen Schwierigkeiten wenden kann.
5. Die Psychische Gefährdungsbeurteilung wird häufig als zentrales Instrument bei der Erfassung des Stressniveaus genannt - Wo sehen Sie hier die Grenzen?
Die Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastungen hat einen klaren Auftrag, nämlich Rahmenbedingungen im Unternehmen je nach Tätigkeit zu bewerten, um dann herauszufinden, ob Risiken aufgrund der Rahmenbedingungen bestehen. Das heißt, wenn ich beispielsweise im Vertrieb arbeite, dann bin ich mit meinen Kollegen aufgefordert darüber nachzudenken, wie die Kommunikation abläuft, ob es irgendwelche Energieräuber gibt, wie bestimmte Prozesse funktionieren, wie die Wertschätzung im Team ist, usw. Diese Einschätzung trifft dann auf den Vertrieb zu und mag für die Buchhaltung schon wieder ganz anders ausfallen.
Unternehmen versuchen also auf Basis einer derartigen Analyse die Rahmenbedingungen so zu verändern, dass die Risiken reduziert werden. Das hat nichts mit der aktuellen, persönlichen Befindlichkeit einer Person zu tun. Das ist nämlich ein häufiges Missverständnis. Viele befürchten, dass sie mit der Gefährdungsbeurteilung in der Psyche der Kollegen herumstochern. Das tun sie jedoch nicht. Es soll hierbei nur noch einmal vertieft werden, was normalerweise bei Mitarbeiterbefragungen auch abgefragt wird, jedoch unter dem Gesichtspunkt psychischer Gesundheit.
6. Wir haben jetzt bereits über die Folgen von Stress gesprochen, wie sieht es mit der Bedeutung von Stressprävention im beruflichen Kontext aus? Sollte Stressprävention Ihrer Meinung nach immer ein fester Teil des Betrieblichen Gesundheitsmanagements sein?
Für mich ist das in jedem Fall systemrelevant. Wenn wir lernen würden, den Stress zu regulieren, dann bräuchten wir über die Folgen nicht nachzudenken. Und deswegen ist es für mich einfach eine Conditio-sine-qua-non, also eine grundlegende Bedingung, die für das Gesundheitsmanagement unerlässlich ist.
Vielleicht als kleiner Exkurs: es gibt ein Bio-Psycho-Soziales Modell von Krankheit beziehungsweise Gesundheit. Dabei muss jede Form von Erkrankung, aber auch jede Form von Heilung drei Aspekte berücksichtigen: Erstens, “Bio” – also die genetischen Programme, wobei wir wissen, dass die genetische Programmierung zu jedem Zeitpunkt verändert werden kann, aber erst einmal hat man ein bestimmtes Programm. Zu “Bio” gehört auch alles, was beispielsweise mit Stoffwechsel, Bewegung oder Ernährung zu tun hat. Zweitens, “Psycho” – die Wahrnehmung, wann man Stress bedrohlich findet, wie die eigenen Persönlichkeitseigenschaften sind, was man für Antreiber hat. Muss jemand beispielsweise immer perfekt oder effizient sein oder es allen recht machen müssen? Und drittens, “Soziales” – gerade jetzt, in dieser Zeit, in der viele Menschen alleine zu Hause sitzen, geraten viele in soziale Isolation. Und soziale Isolation hat auch negative Auswirkungen auf das Hormon Oxytocin. Das wird nämlich dann ausgeschüttet, wenn ich mich in einer Gemeinschaft wohlfühle, wahrgenommen und wertgeschätzt werde. Wenn genug Oxytocin da ist, werden die Herzkranzgefäße geweitet und dadurch senkt sich der Adrenalinspiegel. Das heißt mit anderen Worten – wir brauchen soziale Kontakte, um gesund zu bleiben. Auf den Arbeitskontext bezogen: Teamentwicklung, Konfliktklärung im Team - all das zahlt ein auf das Thema Gesunderhaltung.
7. Wenn Mitarbeiter sich bereits gestresst fühlen. Was sind hier die wichtigsten Instrumente des Arbeitgebers, wenn es um Stressabbau geht und wer sollte hier verantwortlich sein?
Hier muss man unterscheiden. Wenn ich in der unternehmerischen Verantwortung bin, dann muss geprüft werden, inwieweit man beispielsweise eine Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastungen durchgeführt hat und ob die Führungskräfte trainiert wurden, damit sie wissen, welche Verantwortung sie für den Erhalt der Gesundheit haben. Darüber hinaus geht es unter dem Stichwort Gesundheitsförderung um Programme, die auf das Thema Stressabbau einzahlen, wie Trainings zur Achtsamkeit, Resilienz, mentalen Stärke und zum Stressmanagement.
Wenn ich jedoch eine direkte Führungskraft bin, dann brauche ich eine klare Orientierung, was meine Rolle und was sie nicht ist. Und dazu gehört es zu wissen, was die Aufgabe ist, wenn ein Kollege überlastet ist. Die Aufgabe ist dann, wie bereits gesagt, dem Kollegen zu verstehen zu geben: „Ich sehe du veränderst dich, ich mache mir Sorgen, wie kann ich dir helfen?“
In vielen Unternehmen gibt es beispielsweise auch ein EAP System (Employee Assistance Program), eine Mitarbeiterberatung für emotionale Probleme. Dann kann die Führungskraft auch darauf verweisen.
Prävention fängt somit ganz oben an. Alle Personen, die eine Management-Position innehaben, müssen von vornherein trainiert werden und dieses System muss von oben mitgetragen werden.
Ein spannender Schlüssel ist das Thema mentale Stärke, das wir über den Leistungssport verdeutlichen. Profis haben mentales Training. Sie wissen, welche Prinzipien und Techniken sie vor Wettkämpfen einsetzten müssen, um möglichst erfolgreich zu sein. Mit solchen Verknüpfungen, “Hochleistungsunternehmen und Hochleistungssport“, überzeugen wir viele Manager, sich mehr mit dem Thema mentale Stärke und mentale Gesundheit zu befassen.
8. Und was kann der einzelne Mitarbeiter tun?
Viele Arbeitnehmer glauben, dass sie keine Pausen brauchen, dass sie einfach nur arbeiten, arbeiten, arbeiten und sich im Hamsterrad wiederfinden. Aber dann ist ein Hormon nicht entsprechend aktiviert und das ist Serotonin. Serotonin ist dafür verantwortlich, dass wir abschalten und gut schlafen können. Das heißt, es müsste ein festes Ritual für jeden viel arbeitenden Menschen sein, immer zwischendurch eine kleine Pause zu machen. Das ist die wichtigste Form der Prävention. In dieser kleinen Pause wird der Arbeitsspeicher heruntergefahren und aufgeräumt, der Cortisol-Spiegel kann sich ein wenig absenken und dann allmählich wieder aufbauen. So bleibt das System elastisch und flexibel. Auch kurze Pausen tragen dazu bei, dass man mit frischer Kraft wieder einsteigt. Das kann beispielsweise eine 3-minütige Kurzmediation sein, ein mentales Entspannungsbild aus dem letzten Urlaub, oder einmal aufzustehen mit Power Pose und das Fenster zu öffnen. Menschen, die überlastet sind, empfinden sich häufig so, also ob sie im Tunnel sitzen und hoffen, dass sie, wenn sie ganz viel arbeiten, das Lichtlein am Ende dieses Tunnels sehen. Deswegen ist es meist sehr schwierig, jemanden, der sehr überlastet ist, wirklich darin zu unterstützen eine andere Perspektive einzunehmen und seine Handlungen zu überdenken und zu verändern. Häufig existiert schon so viel Hilflosigkeit, das Gefühl, nicht mehr selbst steuern zu können. Menschen, die überlastet sind, tun sich außerdem häufig schwer, dies vor sich selbst und anderen einzugestehen. Und viele hoffen, dass sie nur noch eine Woche durchhalten müssen und dann wird alles besser.
Deshalb, wenn man psychische Gesundheit erhalten will, dann gibt es kleine, wenig aufwändige Dinge, die man präventiv tun kann. Nur, wenn sie wirklich in Schieflage ist, wird es aufwändig wieder in Balance zu kommen.
9. Kann Stressresilienz trainiert werden?
Wenn damit gemeint ist, dass man widerstandsfähiger ist: ja, natürlich. Zum einen geht es darum einen Werkzeugkoffer zu haben, den man im Akutfall benutzen kann. Wenn man beispielsweise in eine besondere Stresssituation kommt, weil man vergessen hat eine wichtige E-Mail zu beantworten, was kann man dann tun? Dann ist der Autopilot angesprungen und das Frontalhirn abgeschaltet. Also, erst einmal tief ausatmen und dann gibt es fünf oder sechs Werkzeuge, die man nutzen kann, z.B. sich gut zureden oder andere mentale Erfolgsbilder. Und wenn man lernt, sich in akuten Stresssituationen schneller herunterzuregulieren, dann wächst damit auch die Stress-Stabilität.
Darüber hinaus gibt es den Werkzeugkoffer für die langfristige Flexibilität oder nennen wir es Resilienz. Resilienz ist ein Persönlichkeitsmerkmal, dass man verändern kann. Dazu gehört, auf sich selbst zu vertrauen und sich selbst Ziele zu setzen, die erreichbar sind, Ängsten nicht aus dem Weg zu gehen. Ein resilienter Mensch, der ein großes Problem hat, macht nicht die Augen zu, sondern macht die Tür zum “dunklen Zimmer der Angst” auf und möchte das genau betrachten. Das ist etwas anderes als reine Stress-Stabilität. Es fließt ineinander. Der dritte Ansatzpunkt ist mentale Stärke, zu wissen, wie man seinen Kopf benutzt, um sich selbst besser zu steuern. Denn mentale Bilder beeinflussen Stoffwechsel und damit Gesundheit, Lebensbalance und Erfolg. Insofern gibt es drei Ansatzpunkte.
10. Auch wir versuchen Stress messbar zu machen und bieten eine Herzratenvariabilitätsmessung (HRV) an, die Schwankungen der Herzfrequenz misst, um Rückschlüsse auf den Funktionszustand des vegetativen Nervensystems treffen zu können. Wie stehen Sie zu solchen Messungen?
HRV-Messungen sind als sehr positiv zu bewerten, wenn sie tatsächlich verstanden und entsprechend technisch perfekt umgesetzt werden. Die Messung muss in einem guten System verankert sein, damit man beispielsweise auch im Nachgang weiß: Was kann ich tun, wenn meine Herzrate konstant zu hoch ist und keine Entspannung mehr sichtbar ist?
Zusätzlich zur HRV-Messung kann man außerdem noch Fragebögen verwenden, die jede Person für sich selbst ausfüllt. Das können dann Fragen sein, wie: „Was sind die Dinge, die mir Freude machen und mache ich diese Dinge eigentlich immer noch oder nehme ich mir dafür keine Zeit? Wie ist meine Stressbelastung? Wo denke ich, kommt der Stress vor allem her?“ Das hilft, sich subjektiv mit dem Thema zu befassen und für sich selbst Antworten zu finden. So kann jeder die aktuelle Situation bewerten und herausfinden, was er oder sie besser machen kann. Diese Kombination aus quantitativen Messungen und qualitativen Fragebögen funktioniert sehr gut.
11. Zu guter Letzt, durch vermehrtes Home-Office hat Corona auch die Auswirkung, dass Arbeit und Freizeit immer schwerer zu trennen ist. Haben Sie ein paar Tipps, wie man dem entgegenwirken kann?
Also wir haben nicht nur Tipps, sondern wir bieten auch ganz konkrete Programme für Unternehmen an, mit dem Schwerpunkt: „Wie organisiere ich mich selbst in dieser herausfordernden Zeit?“ Dabei ist vor allem erst einmal der Ausgangspunkt wichtig. Zuerst einmal müssen alle sozialen, familiären, finanziellen Rahmenbedingungen im Home-Office klar sein, um dann zu überlegen, welche Rituale helfen können.
Eines dieser Rituale ist es beispielsweise, morgens trotzdem 'zur Arbeit' zu gehen. Das heißt man geht erst einmal raus und um den Häuserblock, um dann zur Arbeit zu kommen - auch wenn diese im eigenen Wohnzimmer stattfindet. Ich setze mir somit einen Beginn und abends mache ich dann dasselbe als Abschluss. Das kann für viele Menschen hilfreich sein, deren Grenze zwischen Freizeit und Arbeitsmodus zunehmend verschwimmt. Ausreichende Pausen und dann auch Möglichkeiten sich sozial zu organisieren, sind daher jetzt besonders wichtig. Außerdem beschränken viele Führungskräfte ihre Kommunikation auf Projektbesprechungen. Es fehlt sich in der Kaffeeküche bei der Espressomaschine zu treffen und dort - ohne Agenda - zu plaudern. Deswegen haben wir bei vielen Führungskräften die Türen geöffnet, Teammeetings ohne Agenda anzubieten, in denen es einfach nur darum geht, miteinander in Kontakt zu sein. Das geht auch über digitale Afterwork-Meetings. Hier muss auch akzeptiert werden, wenn die Leute dies nach der Arbeit ablehnen, weil sie Abstand vom Bildschirm suchen. Da muss man einfach sehr flexibel bleiben. Aber dieses Spektrum erst einmal aufzuzeigen, damit jeder für sich seine Mosaiksteinchen auswählen kann, je nachdem was die Person braucht, das ist momentan die angesagte Thematik.
Vielen Dank für das Gespräch!