CISM - Psychologische erste Hilfe

CISM steht für „Critical Incident Stress Management“, was so viel bedeutet, wie Stressverarbeitung belastender Ereignisse. Der folgende Beitrag zeigt die Relevanz für bestimmte Berufsgruppen auf und, wie die Stressbehandlung nach beruflich kritischen Ereignissen mittels Critical Incident Stress Management (CISM) abläuft.

Was ist CISM?

CISM ist ein Angebot an die Mitarbeiter eines Unternehmens, um konkrete Stressfolgen nach einem belastenden Ereignis frühzeitig zu bewältigen. Egal ist dabei, ob diese Stressfolgen privater oder beruflicher Art sind. Entwickelt wurde CISM in den 1980er Jahren von den beiden amerikanischen Psychologen Jeffry Mitchell und George Everly. Ursprünglich wurde es überwiegend im Militär eingesetzt, um Soldaten dabei zu helfen, traumatische Ereignisse besser zu verarbeiten. Mit der Zeit wurde es auf immer mehr Berufsgruppen wie Sanitäter, Polizisten und Feuerwehrleute übertragen. Heute spielt es in zahlreichen Unternehmen wie Flugsicherungen, Luftfahrtgesellschaften, Krankenhäusern und vielen mehr eine Rolle beim kollektiven Umgang mit psychologischen Krisen.

CISM zeichnet sich vor allem durch das Peer-Consulting aus, denn es geht bei CISM vor allem darum kollegiale Hilfe zu erhalten. Das Critical Incident Stress Management setzt sich dabei aus verschiedenen Gruppen- und Einzelgespräche zusammen. 

 

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Wann benötigt man Hilfe?

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Was genau ein belastendes Ereignis darstellt, kann sehr unterschiedlich sein. Im Allgemeinen versteht man darunter ein Erlebnis, was deutlich über die normalen Emotionen oder Lebenserfahrungen hinausgeht. Häufig ist die betroffene Person nach dem Ereignis nicht mehr in der Lage, ihren Beruf weiter auszuüben. Oft werden solche Emotionen durch Hilflosigkeit, persönliche Betroffenheit oder lebensbedrohliche Situationen hervorgerufen.

Denn aus den oben beschriebenen Ereignissen kann sich, sofern die Betroffenen keine Hilfe erhalten, leicht eine sogenannte posttraumatischen Belastungsstörung entwickeln. Hierbei handelt es sich dann um ein psychologisches Problem, welches häufig nach erlebter körperlicher oder psychischer Gewalt, Katastrophenereignissen oder nach Erhalten einer schlimmen Diagnose beobachtet wird. Erkennen kann man eine posttraumatische Belastungsstörung an Symptomen wie Depressionen, Alpträumen und Flashbacks. Außerdem neigen betroffenen Personen dazu, sich von ihrem Sozialleben abzukapseln und sind gleichzeitig leicht reizbar, unkonzentriert oder aggressiv. 

Diese Symptome treten meist nicht direkt nach dem Vorfall auf, sondern vielmehr erst Monate oder sogar Jahre später. Die Diagnose posttraumatische Belastungsstörung erfordert dementsprechend eine umfassende, meist langwierige Psychotherapie. Der Betroffene ist während dieser Zeit normalerweise nicht in der Lage, seinen gewohnten Beruf auszuüben, vor allem dann nicht, wenn sich der Vorfall in diesem Zusammenhang ereignet hat.

Um genau dies zu verhindern, wurde CISM entwickelt. Es handelt sich hierbei nicht um eine klassische Psychotherapie, sonder vielmehr um einmalige Gespräche, welche durch psychologisches Fachpersonal geleitet werden und meist in der Gruppe stattfinden. Das Fachpersonal kann dabei extern oder ein entsprechend fortgebildeter Mitarbeiter sein. Wichtig ist zu betonen, dass CISM keine Psychotherapie ersetzt. Treffend wird häufig der Vergleich gezogen:

“CISM steht zur Psychotherapie in einer ähnlichen Relation wie "Erste Hilfe" zu einem chirurgischen Eingriff.”

Die verschiedenen Phasen

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Wie gesagt hat CISM zum Ziel, betroffenen Mitarbeitern schnell Hilfestellung in Form von echter kollegialer Hilfe anzubieten und die Gesundheit betroffenen Mitarbeiter zu erhalten. Die Nachbearbeitung eines belastendes Ereignisses nach CISM läuft dabei immer in mehreren Phasen und Gesprächen ab. Dies beginnt oft noch am Ort oder in der Nähe des Ortes des Ereignisses. Hier kann mit dem Defusing und der Demobilization ein Abschluss durchgeführt werden. Es folgen Debriefing und Einzelgespräche nach einigen Tagen. 

Die Gespräche finden meist mit einer Gruppe an Kollegen statt, doch es ist zusätzlich möglich, die Angehörigen in solche Gespräche mit einzubeziehen oder sie im Umgang mit der betroffenen Person zu coachen. Zudem können sowohl Kollegen, als auch Angehörige auf das Verhalten des Betroffenen achten. Flashbacks oder Alpträume, sowie eine kurze Appetitlosigkeit sind normale Reaktionen auf ein traumatisches Ereignis. Halten die Symptome jedoch länger an, oder kommen Anzeichen einer posttraumatischen Belastungsstörung hinzu, kann diese schneller erkannt und eine Psychotherapie eingeleitet werden.

Die Gesprächsmodelle in der Übersicht:

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Debriefing: Das erste Gesprächsmodell ist das „Debriefing“. Hierbei handelt es sich um eine Nachbesprechung des betreffenden Ereignisses, wie beispielsweise eines Einsatzes. Dies ist das längste Modell, da das siebenstufige Gespräch durchaus über mehrere Stunden gehen kann. Das Debriefing wird in der Regel erst einige Tage nach dem Ereignis angewandt.

Defusing: Das „Defusing“, übersetzt die „Entschärfung”, hingegen erfolgt normalerweise so schnell wie möglich nach dem Ereignis. Das dreistufige Gespräch dauert ca. eine Stunde. Auf diese Weise soll verhindert werden, dass sich die Teilnehmer in der Zeit bis zum Gespräch schon zu viele Gedanken machen. Denn „falsche Gedanken“ wie Schuldzuweisungen schmälern den Erfolg des Programms.

Demobilisation: Des Weiteren wird eine „Demobilisation“, eine kurze Aufklärung über das Programm und seine Möglichkeiten angeboten. Diese dauert etwa eine Viertelstunde und soll den Betroffenen einen Überblick über mögliche Symptome und über Formen des Stressmanagements geben.

One-on-One: Bei der One-on-One Methode handelt es sich um ein Einzelgespräch. Die betroffene Person spricht hier mit einem speziell ausgebildeten Coach. Die Methode folgt im Prinzip dem Debriefing Modell, nur eben nicht in einer Gruppe.

Pre-Crisis Education

Um eine schnellstmögliche Krisenintervention sicherzustellen, ist es wichtig Mitarbeiter bereits vor dem Auftreten einer belastenden Situation auf CISM vorzubereiten und die Möglichkeiten darzulegen. Denn wenn ein belastendes Ereignis eintritt, muss es schnell gehen.

In Form der Pre-Crisis Education werden Personen, vor allem in besonders gefährdeten Berufsgruppen wie Polizisten, Soldaten oder Sanitäter, für das Thema sensibilisiert. Außerdem werden Bewältigungsstrategien besprochen. Diese Methode ist fester Bestandteil des Fortbildungsprogramms der häufig betroffenen Berufe. Für viele Unternehmen kann der Aufbau eines internen und geschulten CISM-Teams sinnvoll sein. 

Mittlerweile sind die Methoden von CISM weltweit anerkannt. Die UNO, sowie zahlreiche andere Organisationen bieten Prävention und Nachsorge nach diesem Prinzip an. In Deutschland wird CISM z.B. über die kirchliche Notfallseelsorge oder den Notfallnachsorgedienst (NND) angeboten. Die Dienste sind an jedem Tag und zu jeder Uhrzeit telefonisch erreichbar und können auch bei diversen Großeinsätzen vor Ort alarmiert werden.

Wie zahlreiche Studien belegen, sind direkte Nachsorge und vor allem die Prävention die wichtigsten Faktoren, um einer posttraumatischen Belastungsstörung entgegenzuwirken und so die Lebensqualität der betroffenen Personen zu erhalten. Somit stellt CISM einen verhältnismäßig einfachen Weg dar, um schwerwiegende psychische Probleme gar nicht erst entstehen zu lassen.

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